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Synchron-Papst Rainer Brandt

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Synchron-Papst Rainer Brandt

Rainer Brandt ist Synchronsprecher, er schaut sich das Bild an und kommentiert, was weit über den Dialog hinausgeht. Als Autor der deutschen Dialoge war er maßgeblich am Erfolg von Terence Hill und Bud Spencer beim deutschen Kinopublikum beteiligt. Seinen Durchbruch hatte er mit der Synchronisation von „Die Zwei“ mit Tony Curtis und Roger Moore. Der Erfolg der Serie in Deutschland beruhte zum Großteil auf der Synchronisation, die etliche Witze und Wortspiele einbaute, die im Original nicht vorhanden waren. Brandt lieh unter anderem auch Elvis Presley und Jean-Paul Belmondo seine Stimme.

Humor kann man nicht eins zu eins von einer Sprache in die andere übertragen. Die Frage ist: Was wollte der Originalautor oder der Regisseur seinen Lesern beziehungsweise Zuschauern vermitteln? Das hat Rainer die letzten gefühlten 100 Jahre versucht seinem Publikum näher zu bringen. Da sollte eine gewisse Manipulation erlaubt sein, sagt er, in Komödien wohl gemerkt. „Zu sagen wir müssen hart am Original bleiben ist einfach und fantasielos. Ist ein Film erst mal komisch spricht sich das ganz schnell herum. Und keiner weiß dass es an der deutschen Bearbeitung liegt, außer der Verleiher, und der freut sich wenn die Kassen klingeln. Doch viele Verleiher und TV-Verantwortliche haben das bis heute nicht begriffen. Woran es da genau mangelt ist schwer zu sagen, aber vor allem an Fantasie und Mut. Mut Projekte durchzudrücken von denen man überzeugt ist.“ –Rainer Brandt

Rainer Brandt ist ausgebildeter Schauspieler, der durch Zufall in einem Synchronstudio landete, erkannte des Volkes Stimme schon früh. Ein Mischmasch aus Berlinerisch, Jiddisch und Unterwelt. Das alleine ist es aber nicht, sondern die Art wie die Diktion gesetzt ist, sagt er. „Wenn Menschen sich ungezwungen geben sagen sie nie ganze Sätze. Sie sprechen: „ich war doch mit der im Kino…. da was ist denn mit der…also dieses Autoding da… ich sage dir ein PS- Geballer…. hat Peter eigentlich seine Bolletten bezahlt….. aber mit dem Auto da, noch geiler als die Geschwindigkeit fand ich die Farbe… guck doch mal die Blonde ist die neu hier…usw. Es sind überwiegend Fragmente, Puzzle-Teile die aber im Ganzen ein Bild ergeben, das aber je nach Stimmung oder Situation eingefärbt werden kann. Es kann spannend sein oder aber dynamisch, oder dramatisch oder aber auch komisch.“ Der letzten Variante bedient sich Rainer Brand in seiner Synchronisation. Ließ es das Bild nur einigermaßen zu sollte es komisch sein. Komisch soll es sein was er den Akteuren in den Mund legt… um den üblichen verstauchten Scheiß aufzulockern. Denn das Schönste ist, so sagt Rainer, wenn er die Leute zum Lachen bringt.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten die Mundwinkel des Zuschauers nach oben ziehen zu lassen. Wohl gemerkt in Komödien, von komischen Geschichten. Hier ein paar kleine Beispiele:

„Good morning Mister Miller, did you sleep well?“
Übersetzung ins Deutsch:
„Guten Morgen Mister Miller, haben sie gut geschlafen?
Das ist hart am Original aber fetzt keiner Großmutter mehr die Banane aus der verrunzelten Hustenöffnung…
Rainers Übersetzung:
(Schön trocken) „Miller, heut schon gekotzt, sie sehen so frisch im Schritt aus?“
So zaubert das Ganze ein offenes oder verschmitztes, versteckt verklemmtes , aber auf jeden Fall ein Lächeln in das Gesicht des Zuschauers.

„Noch so ein Spruch und es gibt ordentlich was aufs Maul“
Das ist brutal. Dem kann man aber die Schärfe nehmen wenn man was komisches sagt:
Rainer:
„Pass gut auf Junge dass deine Zahnbürste morgen nicht ins Leere greift“

Galanter Handkuss auf die Hand und er murmelt:
„Sie sind nicht gerade sympathisch Gnädigste, aber ich freue mich ihre Bekanntschaft zu machen.“
Rainer:
„Ich bin erfreut das jemand der so mies drauf ist noch relativ gut riecht am Löffel“

Viele Sendeanstalten empfinden das gar nicht komisch wenn man aus dem Original etwas ganz anderes macht. Rainer ist der Meinung das hier die Fantasie immer eine ganz wesentliche Rolle spielt.: „Wenn die Leute die beim Fernsehen sind, nicht alle aber viele, Fantasie und Mut hätten, dann wären sie nicht beim Fernsehen, dann hätten sie vielleicht einen richtigen Beruf gelernt. Aber es ist auch ein schwieriger Beruf. Ein Drama schreiben können Schreiberlinge ganz schnell, aber etwas komisches zu schreiben, das die Leute zum Lachen bringt, das ist ein ganz schwieriges Ding. Und das verstehen auch viele gar nicht. Wenn die Verleiher dann irgendeinen Scheiß eingekauft haben, dass einem die Schuhe wegfliegen, und dann zu mir sagen du machst da schon was draus. Aber schön am Original bleiben! Dann sage ich denen: Ohne mich, das könnt ihr selber ausbaden. Aber wenn die mir dann die Freiheit lassen was draus zu machen, dann kann was wirklich komisches entstehen. Und das haben wir dann oft so gemacht“

„Aus Scheiße Gold machen. Der Mut sich selber zu verscheißern, wenn das da ist, dann ist ein Erfolg gegeben, aber nur dann, wenn du dich selber klein machst und die anderen hochleben lässt . Das kann heute niemand mehr bei den Sendern. Das machen die nicht, die sagen es gibt nur einen lieben Gott und das sind wir und es gibt nur ein Programm und das machen wir. Und das muss schief gehen.“ – Rainer Brandt

Was Rainer zur großen Kunst gemacht hat kann er leider nicht noch 100 Jahre machen. Haben sie ihr Erbe gesichert? Sind da ein paar junge Leute bei denen sie sagen die können das genau so gut?

„Ich habe das ausprobiert. Und ich habe zig Leute ausprobiert. Und es ist so gut wie nie gelungen, es war nie so wie ich das gerne gehabt hätte. Und es ist ja so dass heutzutage in der Fernsehlandschaft gesagt wird: Hauptsache es ist billig. Nudelt das durch den Sender, Qualität, was ist das? Qualität, was kostet das? Der billigste ist der beste… Es kommt vielleicht mal wieder wenn sich die Fernsehlandschaft verändert, wenn es wieder weniger Kanäle gibt. Die nicht so viel Mumpe reinpumpen. Es tut sich ja hier und da schon ein Fünkchen auf wo Sie sagen wir nehmen da einen kleinen Sender und dieser Sender bemüht sich darum solche Schmuckstücke zu kriegen und zu senden. Und da sehe ich eine gewisse Hoffnung drin, das da zwei drei Leute aufwachen und sagen warum machen wir sowas nicht. Aber heute und morgen wird das nicht sein.“

“Sleep well in your Bettgestell.”
Mit diesen Worten verabschieden wir uns von Rainer.